Wer gesetzlicher Erbe ist – also zum Beispiel die Kinder des Erblassers -, aber vom Erblasser enterbt wird, kann grundsätzlich immer noch den sogenannten Pflichtteil beanspruchen. Der Pflichtteil ist halb so groß wie der gesetzliche Erbteil. Wenn der Erblasser also nur ein Kind hinterlässt, das nach der gesetzlichen Erbfolge Alleinerbe wäre, kann es im Falle der Enterbung immer noch die Hälfte des Erbes beanspruchen.
Dieser Grundsatz gilt aber nicht uneingeschränkt, worauf jetzt der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg erneut hingewiesen hat. Es hat einem Mann, der zurzeit in der JVA Meppen einsitzt, keine Prozesskostenhilfe für eine Klage gewährt, in der es um seine vermeintlichen Pflichtteilsansprüche ging.
Die Eltern des Mannes hatten ein gemeinschaftliches Testament verfasst, wonach der Kläger enterbt wurde und auch keinen Pflichtteil bekommen sollte. Nach dem Tod der Mutter wollte der Kläger seinen Pflichtteil nun geltend machen.
Der Senat sah für die Klage keine Erfolgsaussichten. Die Eltern hatten dem Kläger den Pflichtteil nämlich wirksam entzogen. Sie hatten in dem Testament den Pflichtteilsentzug damit begründet, dass der Kläger wegen eines schweren Raubes zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden war. Seine Teilhabe am Erbe sei den Eltern auch nicht zumutbar, weil die Straftat den in der Familie gelebten Wertvorstellungen in hohem Maße widerspreche. Dies hatten die Eltern in dem gemeinsamen Testament auch so niedergelegt.
Der Mann kann jetzt keine Prozesskostenhilfe für die beabsichtige Klage beanspruchen.
Nach dem Gesetz kann der Pflichtteil übrigens auch entzogen werden, wenn der potenzielle Erbe sich einer schweren Straftat gegen den Erblasser oder eine diesem nahestehende Person schuldig macht – ohne dass eine mehrjährige Freiheitsstrafe verhängt werden muss – oder wenn er seine Unterhaltspflichten gegenüber dem Erblasser böswillig verletzt (§ 2333 Abs. 1 Nr. 1. bis 3 BGB).
Oberlandesgericht Oldenburg, Beschluss vom 8. Juli 2020 – 3 W 40/20 –
Pressemitteilung des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 27. Oktober 2020